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1.1 Motivation

Produktkonfigurierung ist ein stetig wachsender Bereich, dem insbesondere in Bezug auf variantenreiche Produkte, bspw. für die Angebotserstellung, eine große Bedeutung beigemessen wird. Mit unterschiedlichen, wissensbasierten Methoden lassen sich innerhalb von Konfigurierungswerkzeugen aus einzelnen Komponenten komplexe Aggregate erstellen. Constraints1.1 sind ein Mittel zur Repräsentation von Abhängigkeiten zwischen den Komponenten einer Konfiguration. Zur Verarbeitung und Auflösung werden Constraint-Solver eingesetzt, welche die Erfüllung der Abhängigkeiten sicherstellen oder ggf. auf Inkonsistenzen innerhalb der Konfiguration aufmerksam machen (vgl. Sabin und Weigel, 1998; Stumptner, 1997; Günter und Kühn, 1999).

Das wissensbasierte Konfigurierungswerkzeug ENGCON verwendet u.a. Funktions- und Prädikat-Constraints zur Beschreibung von Abhängigkeiten zwischen Konzepten der Wissensbasis (vgl. Hollmann et al., 2000; Ranze et al., 2002). Die Auflösung der Abhängigkeiten wird von einem in ENGCON integrierten Constraint-System verwaltet (vgl. Syska und Cunis, 1991). Der eingesetzte Constraint-Solver wird allerdings nicht von ENGCON implementiert, sondern ist derzeit eine von einem Fremdhersteller eingebundene, externe Komponente.1.2 Er ist ausschließlich für die Propagation und Auflösung von Constraints mit reellwertigen Intervalldomänen geeignet. Zudem ist die Anbindung an ENGCON auf einen einzigen Constraint-Solver beschränkt und damit sehr unflexibel. Zur Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten des Konfigurierungswerkzeugs ENGCON sowie zur Verbesserung der Effizienz ist ein Austausch oder eine Eigenimplementierung des Constraint-Solvers wünschenswert.

Der benötigte Constraint-Solver muss arithmetische Funktionen zur Berechnung der intensional in Form von algebraischen Ausdrücken formulierten Constraints innerhalb von ENGCON bieten. Neben klassischen Constraint-Solvern zur Behandlung von finiten Domänen sind für die Constraint-Verarbeitung in ENGCON Constraint-Lösungsmethoden für infinite, d.h. reellwertige Intervalldomänen erforderlich. Ein entsprechender Constraint-Solver muss eine hohe Präzision durch Intervallarithmetik aufweisen (z.B. für Anwendungen im Maschinenbau) sowie unabhängig von der Constraint-Domäne ein inkrementell anwachsendes Constraint-Netz propagieren können.

Aufgrund der hohen Anforderungen von ENGCON, insbesondere in Bezug auf unterschiedliche zu verarbeitende Wertedomänen, existiert kein Constraint-Solver, der sämtliche Anforderungen vollständig erfüllt. Darüber hinaus ergeben sich Anforderungen an den Constraint-Lösungsmechanismus häufig in Abhängigkeit von der Aufgabenstellung des jeweiligen Konfigurierungsproblems in ENGCON. Speziell benötigte Eigenschaften sind i.A. daher a priori nicht bekannt. Neben stabilen Constraint-Lösungsverfahren, die eine hohe Effizienz für möglichst viele Problemstellungen bieten, ist es deshalb erforderlich, problemabhängig unterschiedliche Verfahren nutzen zu können. Benötigt wird neben zusätzlichen Constraint-Lösungsmechanismen eine Komponente, an der sich flexibel unterschiedliche Constraint-Solver mit verschiedenen Eigenschaften, sowohl bezogen auf die Lösungsverfahren als auch auf die zu verarbeitenden Wertedomänen, einbinden lassen. Diese Constraint-Solver können eigenimplementiert aber auch Fremdsysteme sein. Eigene Implementierungen hätten den Vorteil der leichteren Erweiterbarkeit,1.3 zudem entfällt der bei geeigneten Constraint-Solvern von Fremdherstellern ggf. hohe Integrationsaufwand der Komponenten.



Fußnoten

...1.1
constraint (engl.): Einschränkung, Beschränkung, Restriktion, Randbedingung
...1.2
Die Vorgänger von ENGCON, die Konfigurierungswerkzeuge KONWERK und PLAKON, wurden in Common Lisp bzw. CLOS (Common Lisp Object System) implementiert. Hier fand ein eigens in Lisp implementiertes Modul zur Durchführung von arithmetischen Berechnungen Verwendung, welches die von Davis (1987) und Hyvönen (1992) beschriebenen Verfahren zur Propagation von Intervall-Constraints anwendet (vgl. Gülden, 1993).
...1.3
Denkbare Erweiterungen, die allerdings nicht in dieser Arbeit behandelt werden, wären z.B. die Möglichkeit während der Laufzeit des Systems einzelne Constraints zurücknehmen zu können (,,Constraint-Relaxierung``) oder die Möglichkeit zur Beschreibung von ,,Constraint-Hierarchien``, in denen ,,harte`` und ,,weiche`` Constraints definiert werden können. Je nachdem auf welcher Stufe innerhalb der Hierarchie sich ein Constraint befindet, muss oder kann es erfüllt sein, um zu einer gültigen Lösung zu gelangen.

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