Statt der direkten Verarbeitung n-ärer Constraints ist es möglich, eine Transformation in binäre Constraints vorzunehmen. Dies kann vorteilhaft sein, da für binäre Constraints eine Vielzahl an Algorithmen und Heuristiken bekannt sind, die z.T. für n-äre Constraints bisher nicht anwendbar sind.5.75 Durch die einfache Projektion eines n-ären Constraints auf Paare von binären Constraints auf denselben Variablen wird allerdings die ursprüngliche Lösungsmenge lediglich durch eine Obermenge approximiert (vgl. Barták, 2001, S. 8). Nur für bestimmte n-äre Constraint-Arten, wie z.B. dem all-different-Constraint ( ), erhält man eine Menge von binären Constraints mit derselben Lösungsmenge wie das ursprüngliche CSP. Um ein äquivalentes Constraint-Netz mit derselben Lösungsmenge wie das originale CSP zu erhalten, ist i.A. die Einführung zusätzlicher Variablen notwendig. Diese neuen Variablen umfassen jeweils die Menge der durch ein n-äres Constraint beschränkten Variablen in Form des kartesischen Produkts der jeweiligen Wertebereiche.5.76 Ein beliebiges n-äres Constraint lässt sich nun durch eine solche umfassende Variable (engl. encapsulated variable) darstellen, indem dessen Wertebereich um die nicht erlaubten Wertekombinationen reduziert wird.
Diese Variablen bzw. Lösungen für einzelne n-äre Constraints werden anschließend mittels binärer Constraints verknüpft, um die Gesamtlösungen für das CSP berechnen zu können. Es werden zwei unterschiedliche Arten der Konvertierung von n-ären nach binären Constraint-Netzen unterschieden: die Hidden-Variable-Repräsentation und die Dual-Graph-Repräsentation, die im Folgenden kurz skizziert werden.
Für den Ursprung der Hidden-Variable-Repräsentation wird
von Rossi et al. (1989, S. 3) auf die Arbeit von
Peirce (1933) verwiesen. Hier wurde von
Charles S. Peirce auf dem Gebiet
der philosophischen Logik bereits formal nachgewiesen, dass binäre
Relationen grundsätzlich dieselbe Ausdrucksstärke wie n-äre
Relationen besitzen.5.77 Auf der Methode
von Peirce aufbauend, zeigt Dechter (1990b), wie jede
n-äre Relation mittels binärer Relationen und Nutzung von
umfassenden Variablen, in diesem Fall Hidden-Variablen
genannt, mit begrenzten Wertebereichen dargestellt werden kann. Bei
der Hidden-Variable-Repräsentation werden umfassende
Variablen und originale Variablen kombiniert. Lediglich die
n-ären Constraints werden in umfassende bzw. Hidden-Variablen transformiert, an die wiederum die
originalen Variablen durch zusätzliche binäre
Kompatibilitäts-Constraints, auch Hidden-Constraint
genannt, gebunden werden. Hierfür wird eine Projektion
eingeführt, welche die Relation -tes Argument von
beschreibt:
Die Repräsentation als Dual-Graph stammt ursprünglich aus
dem Bereich der relationalen Datenbanken und wurde von
Rina Dechter und Judea Pearl in den CSP-Bereich eingeführt
(vgl. Dechter und Pearl, 1989).5.78 Bei der
Dual-Graph-Repräsentation wird das umgewandelte, binäre
CSP ausschließlich durch umfassende Variablen dargestellt, d.h. auch binäre Constraints werden konvertiert.5.79 Ein Dual
Graph ist dadurch gekennzeichnet, dass die Knoten und Kanten im
Gegensatz zur normalen Darstellung, auch Primal Graph
genannt, vertauscht sind
vgl. Dechter und Pearl, 1989, S. 355;
Stergiou und Walsh, 1999, S. 164. Im Fall der Binärisierung
eines n-ären CSP sind die Constraints
extensional in den Knoten, d.h. in den
Wertebereichen der umfassenden Variablen, hier Dual-Variablen
genannt, enthalten. Die Kanten hingegen repräsentieren die
gemeinsamen Variablen der Constraints
vgl. Rossi et al., 1989, S. 3;
1990, S. 554. Während ein
Primal Graph für den allgemeinen Fall auch n-äre
Constraints enthalten kann, ist sein entsprechender Dual
Graph immer ein binärer Graph
vgl. Rossi et al., 1989, S. 21;
1990, S. 555. Wird eine Variable
ursprünglich von mehreren Constraints beschränkt, so werden die
entsprechenden Dual-Variablen in der
Dual-Graph-Repräsentation über ein binäres
Kompatibilitäts- bzw. Dual-Constraint miteinander verbunden.
Hierfür wird wiederum die Projektion genutzt, in diesem Fall zur
Beschreibung der Relation -tes Argument von = -tes
Argument von :
Von Kostas Stergiou und Toby Walsh wird außerdem eine Kombination der Hidden-Variable- und Dual-Graph-Repräsentation eingeführt, die Double-Repräsentation (vgl. Stergiou und Walsh, 1999). Sie vereint sowohl die Vor- als auch die Nachteile der beiden vorher genannten Repräsentationen, da beide vollständig enthalten sind. Es existieren sowohl die originalen Variablen als auch die Dual-Variablen, und neben den Dual-Constraints zwischen den Dual-Variablen sind ebenfalls die Hidden-Constraints zwischen den originalen und den Dual- bzw. Hidden-Variablen enthalten.
Ebenfalls von Stergiou und Walsh (1999), aber auch von Bacchus et al. (2002), wird festgestellt, dass Kantenkonsistenz angewandt auf ein Constraint-Netz in Dual-Graph-Repräsentation einen höheren Grad lokaler Konsistenz erreicht als Hyperkantenkonsistenz auf der ursprünglichen n-ären Form, da bedingt durch die extensionale Repräsentation mehr inkonsistente Wertekombinationen aus den Domänen der Variablen herausgefiltert werden können.5.80 Kantenkonsistenz angewandt auf ein Constraint-Netz in Hidden-Variable-Repräsentation hingegen ist äquivalent zur Hyperkantenkonsistenz in der n-ären Form.5.81
Die Frage, ob die Transformation eines n-ären CSP in eines binäres CSP sinnvoll ist, muss in Abhängigkeit von der Problemstellung und von der Modellierung des Problems beantwortet werden. Idealerweise ist ein CSP in der natürlichsten Art und Weise modelliert, und der Rechner löst es möglichst auf die effizienteste Art und Weise (vgl. Bacchus und van Beek, 1998, S. 312). In diesem Fall muss der Wissensingenieur die Entscheidung treffen, und in der Wissensbasis zusammen mit der Problemstellung definieren, ob eine Konvertierung vorgenommen werden soll oder nicht. Wobei für die meisten Probleme die n-äre Repräsentation die effizientere bzgl. der Anwendung von Lösungsverfahren ist. Für eine Klasse von stark einschränkenden Constraints, kann die binäre Transformation jedoch wesentlich effizienter sein (vgl. Bacchus und van Beek, 1998; Bacchus et al., 2002).
Aufgrund der vollständig extensionalen Darstellung im Dual-Graph lohnt sich diese Repräsentation umso mehr, je weniger erfüllbare Wertetupel die Constraints aufweisen. Je größer die Menge der zu verwaltenden Wertetupel ist, umso schlechter verhält sich das Laufzeitverhalten der Lösungsverfahren, da umso mehr Konsistenztests durchgeführt werden müssen, die u.U. in der n-ären Repräsentation redundant sind (vgl. Bacchus und van Beek, 1998, S. 314). Ähnlich, jedoch nicht ganz so ausgeprägt, gilt dies ebenfalls für die Hidden-Variable-Repräsentation, da hier ausschließlich die n-ären Constraints in Hidden-Variablen transformiert werden, und der Zugriff auf die originalen Variablen erhalten bleibt. Bacchus und van Beek (1998) stellen zudem einen eigens für die Hidden-Variable-Repräsentation angepassten Algorithmus FC vor, der eine höhere Reduktion erreicht, als der normale FC-Algorithmus. In der Double-Repräsentation können flexibel die Vorteile der einen wie der anderen Repräsentation genutzt werden. Weiterhin lassen sich bei Bedarf unterschiedliche hybride Repräsentationen erzeugen, die u.U. spezielle Constraints nur in der einen oder anderen Repräsentation enthalten, um z.B. die Nachteile der extensionalen Darstellung für bestimmte Constraints zu umgehen (vgl. Stergiou und Walsh, 1999; Smith et al., 2000). Dies erfordert jedoch zusätzlichen Anpassungsaufwand des Lösungsverfahrens an die Problemstellung.